ErzählMal – Im Gespräch mit der freiwilligen Lernunterstützerin Elisabeth M.
Elisabeth M. war leidenschaftliche Sonderschullehrerin. In ihrer Pension möchte sie ihren schönen Beruf noch ein wenig weiter ausüben und engagiert sich deshalb in Salzburg bei der Lernbrücke des Diakoniewerk. Sie betreut seit drei Jahren die Kinder einer syrischen Familie als Lernunterstützerin.
Liebe Frau M., wir würden gerne mehr über Ihr freiwilliges Engagement erfahren!
Ich engagiere mich als Lernunterstützerin bei der Lernbrücke und betreue derzeit ein Brüderpaar mit syrischem Fluchthintergrund. Begonnen habe ich als Lernbegleiterin ihrer älteren Schwester Dara, aber sie ist jetzt ins Berufsleben eingestiegen und nach und nach sind ihre jüngeren Brüder Omar und Abdel nachgerückt. Die beiden sind jetzt 10 und 15 Jahre alt. Der jüngste Sohn der Familie ist 6 Jahre alt und Schulanfänger. Ich kann mir gut vorstellen, dass ich ihn auch bald beim Lernen unterstütze.
Mit welchen schulischen Problemen sind Sie dabei konfrontiert?
Das hängt sehr mit der Geschichte der Flucht aus Syrien zusammen. Die Familie war vier Jahre lang in einem Lager in der Türkei. Die Kinder haben dort nur zeitweise eine Schule besucht. Besonders den älteren beiden Kindern fehlen die ersten, sehr wichtigen Jahre ihrer Schulbildung. Als sie nach Österreich gekommen sind, hatten sie große Schwierigkeiten, die deutsche Sprache zu erlernen. Durch die Flucht haben sie nie eine Sprache richtig gut gelernt. Aus Erfahrung aus meinem Lehrberuf weiß ich, dass wenn ein Kind keine Sprache gut lernt, es auch beim Erlernen weiterer Sprachen Schwierigkeiten haben wird. Das war bei diesen Kindern markant. Die beiden älteren, Dara und Omar, waren in der Mittelschule in Salzburg massiv überfordert, weshalb sie in eine Sonderschule überstellt wurden.
Das heißt, Sie betreuen eine Familie, deren Kinder zu unterschiedlichen Zeitpunkten ins Bildungssystem eingeführt wurden? Da beobachten Sie bestimmt große Unterschiede.
Ja, es ist wirklich hochinteressant. Auch für mich als ehemalige Sonderschullehrerin. Abdel ist bereits ein Jahr in den Kindergarten gegangen, bevor er in die Volksschule gekommen ist und hat die Volksschule bisher ganz gut geschafft. Natürlich hatte er auch Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache. Aber hier ist ganz klar erkenntlich, je früher ein Kind kommt und je früher es im Kindergarten gefördert wird, umso mehr Chancen hat es später. Der jüngste Sohn hat zwei Jahre Kindergarten hinter sich und fängt jetzt in der ersten Klasse an. Ich bin sehr gespannt, wie es ihm ergeht.
Welchen Einfluss hat Ihre Lernunterstützung auf die Kinder?
Die Lernhilfe hat ihnen sehr viel gebracht, das sagen sie mir auch immer wieder. Vor allem ihr Selbstbewusstsein ist dadurch gestiegen. Dara hat uns alle erstaunt, als sie uns mitgeteilt hat, dass sie das ambitionierte Ziel hat, Arzthelferin zu werden. Aber sie hat sich tatsächlich selbst auf die Beine gestellt und sich einen Arzt gesucht, der sie eingestellt hat. Sie arbeitet dort seit einem Jahr und er ist sehr zufrieden mit ihr. Ich bin sehr stolz auf sie.
Da haben Sie sicher einen großen Beitrag dazu geleistet!
Ich habe ihr immer gut zugeredet und sie unterstützt und zu ihr gesagt: ,Dara, du kannst das!’. Dieses Selbstbewusstsein aufzubauen, da habe ich sicher einen großen Beitrag geleistet. Die Lernunterstützung hat das Selbstvertrauen der Kinder sehr gesteigert und das hilft ihnen nicht nur in der Schule, sondern auch im Leben. Ich helfe den Kindern, sich hier zurechtzufinden und gebe ihnen Halt. Das ist etwas, das sie dringend brauchen.
Herzlichen Dank für das sehr interessante Gespräch!
* Die Namen der Kinder wurden von der Redaktion geändert.