Das Projekt "Einsteigen und Dranbleiben" des Vereins Jugend eine Welt wurde durch die Förderung der Arbeiterkammer Wien ermöglicht.
Sozial und digital Hand in Hand

"Jugend Eine Welt" erleichtert neuen Mitarbeiter:innen und Freiwilligen den Einstieg in den Verein. Im Interview erklärt Projektleiterin Sophia Stanger, wie das Zusammenspiel sozialer Aspekte und digitaler Tools im Projekt "Onboarding und Dranbleiben" gelingt.
Hallo Sophia. Erkläre und kurz, worum es bei dem Projekt “Einsteigen und Dranbleiben. Onboarding sozial und digital gestalten” geht?
Unser Projekt zielt darauf ab, neuen Mitarbeiter:innen und Freiwilligen den Einstieg in unseren Verein zu erleichtern und sie von Anfang an zu unterstützen. Wir haben bei „Jugend Eine Welt” die Erfahrung gemacht, dass ein positiver Start oft für langfristiges Engagement und Zufriedenheit sorgt. Da ist Onboarding natürlich ein großes Thema.
Kannst du uns über die Entstehungsgeschichte des Projekts etwas erzählen?
In der Coronazeit gab es auch in unserem Verein einen großen Digitalisierung-Schub. Wir haben die Vorteile von Homeoffice und digitalen Besprechungstools schätzen gelernt. Im Freiwilligen-Bereich sowie bei der Einstellung neuer Mitarbeiter:innen haben aber auch soziale Aspekte, große Bedeutung. Hier die richtige Balance zwischen digital und sozial zu finden, ist herausfordernd.
Das Projekt ist jetzt eineinhalb Jahre – von 2022 bis Ende Juli 2023 - gelaufen. Bei der Entwicklung eines neuen Onboarding-Prozesses haben wir zunächst Mitarbeiter:innen nach ihren Erfahrungen befragt und auch den Betriebsrat eingebunden. In der Evaluierung haben wir festgestellt, dass die Mitarbeiter:innen und die Freiwilligen die sozialen Aspekte schätzen, andererseits aber auch die digitale Flexibilität. Ein Wunsch, der immer wieder kam, war der einer persönlichen Ansprache im Verein. Da war es natürlich naheliegend, ein Buddy-System auszuprobieren.
Welche konkreten Maßnahmen habt ihr ausprobiert?
Wie zuvor erwähnt, haben wir ein Buddy-System eingeführt, um neuen Mitarbeiter:innen den Einstieg zu erleichtern und soziale Kontakte zu fördern. Da ging es darum, dass ich jemanden fragen kann, wie die Kaffeemaschine funktioniert oder ich jemanden habe, mit dem ich die Mittagspause verbringen kann.
Bei speziellen Einführungstagen vermitteln wir allgemeine Informationen über unseren Verein. Das schafft ein besseres Verständnis für die Zusammenarbeit, abseits von der eigenen Position. Zusätzlich haben wir digitale Checklisten für das Onboarding überarbeitet. Wir haben regelmäßige Check-in-Gespräche eingeführt, wo sich nach einer Woche, einem und drei Monaten Mitarbeiter:innen und Vorgesetzte austauschen.
In einem weiteren Schritt haben verschiedene Teams unterschiedliche digitale Arbeitsweisen ausprobiert. Ein Team hat zum Beispiel versucht, mit einer agilen Arbeitsweise zu arbeiten. Die Teams haben dann ihre eigenen Ansätze jeweils in Workshops für die Kolleg:innen vorgestellt.
Außerdem gibt es nun regelmäßige Schulungen für Mitarbeiter:innen zu digitalen Arbeitsweisen – von Excel zu digitaler Freiwilligenkoordination.
Zielgruppe eures Projekts waren nicht nur Hauptamtliche, sondern auch Freiwillige …
Für unsere Freiwilligen war es wichtig, eine gewisse Flexibilität in der Teilnahme an Veranstaltungen zu ermöglichen, aber dennoch die sozialen Treffen nicht zu vernachlässigen. Wir haben daher hybride Formate entwickelt, bei denen Freiwillige zu Gesprächen oder Workshop-Vorbereitungen sowohl persönlich teilnehmen oder sich digital zuschalten können.
Ein wichtiger Grund für Freiwillige, sich bei uns zu engagieren ist, dass sie sagen: “Das Team ist wirklich super.“ Die Herausforderung lag darin, digitale Kanäle zu stärken, die soziale Komponente aber nicht zu vernachlässigen. Viel Teambuilding passiert erst beim Getränk nach dem offiziellen Teil eines Treffens. Da hat sich gezeigt, dass es auf eine gute Mischung ankommt. Rein digitales Engagement ist einem so stark sozial ausgerichteten Verein wie unserem nur für wenige Freiwillige interessant.
Habt ihr ein Mittel gefunden, die angesprochene digitale Flexibilität zu erhalten und gleichzeitig die so wichtigen „Getränke“-Momente zu schaffen?
Wir versuchen etwa digitale Workshops eher kurzzuhalten und laden dafür zu dreitägigen Workshop-Werkstätten ein, wo es sich für die Freiwillige dann auch eher auszahlt, mit dem Zug länger anzureisen.
Wir sind ein Verein, der auch international mit Projektpartner: innen aus dem Globalen Süden zusammenarbeitet. Das nutzen wir dazu, regelmäßig zu einem Freiwilligentreffen etwa einen Partner aus Indien oder eine Partnerin aus Nigeria einzuladen, die kurz aus ihrem Projekt erzählt. Das schafft dann auch mehr gegenseitiges Verständnis, wie ein sonst sehr formeller Austausch per E-Mail.
Gibt es ein Tool oder eine Methode, die sich im Laufe eures Projekts besonders gut bewährt hat?
Wir haben etwa in einzelnen Teams ein digitales Kanban-Board eingeführt. Bei unseren wöchentlichen Meetings schauen wir dann gemeinsam auf das Board und gehen unsere To-dos durch, sehen uns die laufenden und die erledigten Aufgaben an. Da habe ich das Gefühl, dass dieses Projektmanagement-Tool einerseits einzelnen Mitarbeiter:innen hilft, sich selbst und organisieren, und dem Team hilft, dass es Informationsfluss gibt. Das Boardist auch ein guter Ausgangspunkt für eine Absprache im Team. Wenn jemand zum Beispiel bemerkt: “Ich schaffe eine Aufgabe nicht allein, ich brauche Hilfe von einer Kollegin.”
Liebe Sophia, danke für das Interview.
