Parlament präsentierte Studie zur Zukunft des Ehrenamts
WIEN. Die Zukunft des Ehrenamts stand Anfang Juli im Mittelpunkt eines Festakts im Parlament. Anlässlich des Abschlusses des Ehrenamtsschwerpunkts des Hohen Hauses übergab Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka eine Studie zur Zukunft des Ehrenamts an Sozialminister Johannes Rauch und Ehrenamts-Staatssekretärin Claudia Plakolm.
Studie zeigt Bedeutung von Ehrenamt und Verbesserungspotenziale
Erstellt wurde die Studie mit Unterstützung der FH Campus Wien. "Mehr als 70 Prozent der Österreicher:innen waren oder sind aktuell ehrenamtlich tätig", so Elisabeth Haslinger-Baumann, Vizerektorin für Forschung und Entwicklung der FH Campus Wien. Das zeigt eine repräsentative Befragung von 1.932 Österreicher:innen. Das Engagement ist nach Altersgruppen relativ gleichmäßig verteilt, bei den 71- bis 75-Jährigen aber am höchsten. Es nimmt mit Bildung und Einkommen der Akteur:innen zu. Sozialeinrichtungen, Sport und Bildungsaktivitäten zählen zu den beliebtesten Tätigkeitsbereichen.
Auch die Ergebnisse einer Podiumsdiskussion, eines Crowdsourcing-Projekts des Parlaments sowie der Open-Space-Veranstaltung "Dialogforum Ehrenamt" flossen in die Studie ein. Die Teilnehmer:innen schlugen etwa den Ersatz von Fahrtkosten, Absicherung bei Unfällen oder Vergünstigungen bei Einkäufe vor. Auch zusätzliche Urlaubstage oder Freistellungen schlug das Dialogforum vor. Zudem war eine ausreichende Basisfinanzierung der Organisationen Thema. Die Errichtung der neuen Servicestelle für freiwlliges Engagement wurde entschieden begrüßt. Außerdem wurde ein Gütesiegel für Unternehmen als Unterstützung "ehrenamtsfreundlicher" Unternehmenskultur diskutiert. Das Einbeziehen von Schulen und das Erschließen neuer Zielgruppen wurde ebenso als wichtig erachtet. Zum Thema Anerkennung der Kompetenzen von Freiwilligen wurden mögliche Wege aufgezeigt, aber auch Bedenken geäußert.
Plakolm: "Menschen tun mehr als ihre Pflicht"
Zwar gehe das Schwerpunktjahr zum Thema Ehrenamt zu Ende, die Arbeit gehe aber weiter, verwies Sobotka in seiner Rede auf die geplante Reform des Freiwilligengesetzes. Die Studie zur Zukunft des Ehrenamts werde dazu eine wertvolle Orientierung geben. Das freiwillige Engagement habe wesentlich zur Bewältigung der Pandemie beigetragen und sei damit in vielen Bereichen systemrelevant gewesen, so Sozialminister Johannes Rauch. Die Gesellschaft sei besonders in Krisensituationen darauf angewiesen, dass das ehrenamtliche Engagement gut funktioniere. Sein Ressort stelle sich dieser Herausforderung und unterstütze unter anderem den Aufbau der bundesweiten Servicestelle für freiwilliges Engagement. "Das Ehrenamt ist ein Treffpunkt von Menschen, die mehr tun als bloß ihre Pflicht", so Ehrenamts-Staatssekretärin Claudia Plakolm. Dieses sei Basis und Fundament vieler Bereiche der Gesellschaft. Das Ehrenamt bilde ein Netz, das Menschen verbinde, wies Plakolm auch auf die Bedeutung des Ehrenamts für die psychische Gesundheit hin.
Parteien einig über Reformbedarf
In Interviews mit Vertreter:innen der Parlamentsfraktionen bestand Einigkeit über den grundsätzlichen Bedarf für Reformen der Rahmenbedingungen. So tritt Andreas Hanger (ÖVP) für eine einheitliche Unfall- und Haftpflichtversicherung und die Stärkung der Infrastruktur für ehrenamtliches Engagement ein. Elisabeth Feichtinger (SPÖ) setzt sich für ein einheitliches Versicherungssystem, die Einrichtung von Servicestellen und finanzielle Abgeltungen wie Kilometergeld oder die Bereitstellung eines Klimatickets ein. Auch eine anteilige Anrechnung des Ehrenamts an die Pension oder eine zusätzliche Urlaubswoche könnten ein "Dankeschön des Staates für die Ehrenamtlichen sein", so Feichtinger. Die Anrechnung an die Pension würde insbesondere Frauen unterstützen, pflichtete Rosa Ecker (FPÖ) bei. Ein Gütesiegel für Unternehmen könnte ein Vorteil im Wettbewerb um Arbeitskräfte sein, so Ecker weiter. Kritisch sah Ralph Schallmeiner (Grüne) die Anrechnung des Ehrenamts für die Pension. Es sei für ihn fraglich, ob diese Maßnahme zum Ehrenamt motivieren würde. Bedarf sah Schallmeiner für bessere Rahmenbedingungen für den Ehrenamtsnachwuchs, für mehr Migrant:innen im Ehrenamt und mehr Frauen im Katastrophenschutz. Hinsichtlich der Basisfinanzierung gemeinnütziger Organisationen sah Yannick Shetty (NEOS) Handlungsbedarf. Wenige würden "überfördert", aber die meisten "unterfördert". Zudem trat Shetty für eine kreative Mitgliederoffensive ein, um die Menschen wieder ins Ehrenamt zurückzuholen.
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